Hamsterkäufe: Wieviel Lebensmittel brauchen wir wirklich, z.B. für eine 2-wöchige Quarantäne?
Wenn es um die Bevorratung für Krisenzeiten geht, finden Verbraucher Anleitung beim Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK). Das empfiehlt auch unabhängig von Covid-19 seit vielen Jahren in seinem „Ratgeber für Notfallvorsorge und richtiges Handeln in Notsituationen“ Maßnahmen zur Bevorratung von Lebensmitteln.
Dies dient im Sinne eines effektiven Selbstschutzes dazu, die Bevölkerung auf diverse Krisen und Katastrophen angemessen vorzubereiten. Im Vorsorge-Ratgeber des BBK finden Verbraucher ereignisunabhängige Informationen z.B. zur Lebensmittelbevorratung oder zur Ausstattung der Hausapotheke inklusive entsprechender Checklisten. „Eine Bevorratung, die über den Ratgeber hinausgeht, wird aus fachlicher Sicht als nicht sinnvoll erachtet.“, schreibt in diesem Zusammenhang unter anderem das Bundesministerium für Gesundheit.
Welche und wie viele Vorräte sollte man nun haben?
Der Vorsorge-Ratgeber des BBK empfiehlt für einen Zehntages-Vorrat folgende Lebensmittel pro Person: „Getränke (20 Liter); Getreide, Getreideprodukte, Brot, Kartoffeln, Nudeln, Reis (3,5 kg); Gemüse, Hülsenfrüchte (4 kg); Obst, Nüsse (2,5 kg); Milch, Milchprodukte (2,6 kg); Fisch, Fleisch, Eier bzw. Volleipulver (1,5 kg); Fette, Öle (0,35 kg); sonstige Lebensmittel nach Belieben.“
Spätestens mit der Bekanntgabe der landesweiten Schulschließungen kam es nun verstärkt zu Großeinkäufen. In den (sozialen) Medien trendete der Begriff #Hamsterkäufe. Getreideprodukte wie Mehl, Haferflocken oder Nudeln waren vielerorts schnell ausverkauft, auch weil einige viel mehr davon kauften, als realistisch notwendig ist. Nutzer bei Twitter etwa berichteten von Menschen, die 50 oder sogar 120 kg Mehl im Einkaufswagen hatten.
Leere Regale – Was ist mit Nachschub?
Alle Unternehmen im Verband der Getreide-, Mühlen und Stärkewirtschaft VGMS – Mühlen, Teigwaren- und Cerealienhersteller – produzieren. Rohstoffe für die Herstellung von Grundnahrungsmitteln sind vorhanden, auch um den erhöhten Bedarf durch die Bevorratung der Bevölkerung zu decken. Schon jetzt wird bei den Unternehmen viel mehr als üblich produziert. Verpackungsmaschinen etwa und letztlich auch die Logistik haben aber Kapazitätsgrenzen. Kaufen viele Menschen gleichzeitig viel mehr als üblich, muss diese Mehrmenge erst produziert, dann verpackt und verteilt werden, bevor sie wieder in den Regalen steht und das dauert seine Zeit. Und erst das Hamstern sorgt für die leeren Regale! Kaufen alle in normalen Mengen ein, gibt es alles für alle.
Auch das ist Teil der notwendigen Solidarität: Bevorratung ja, Hamstern nein!
Auch wenn sich Mehl und Mahlerzeugnisse, Haferflocken, Müslis, Reis und Nudeln lange halten, haben sie alle ein Mindesthaltbarkeitsdatum. Je nach Produkt zwischen 6 Monaten und 2 Jahren. Auch für die empfohlene Bevorratung sollten nur die Mengen gekauft werden, die realistisch verbraucht werden können, um später Lebensmittelverschwendung zu vermeiden. Was also machen Einzelne mit 120 kg Mehl? Dazu später mehr.
Wieviel Energie und damit Lebensmittel braucht ein (erwachsener) Mensch am Tag?
Um einzuschätzen, was am Tag benötigt wird, helfen die Referenzwerte für Energiezufuhr der DGE: Frauen benötigen im Durchschnitt 2000 kcal, Männer etwa 2500 kcal.
50 % der Energiezufuhr am Tag sollten aus Kohlenhydraten, 30-35 % aus Fett und 15-20 % aus Eiweiß bestehen. Abgeleitet davon sind das für Frauen etwa 250 g und für Männer 300 g Kohlenhydrate pro Tag. Bei Fett heißt das für Frauen etwa 66 g, für Männer etwa 83 g und bei Eiweiß 72 g bzw. 92 g am Tag. Das ist alles sehr abstrakt. Um ein besseres Gefühl dafür zu bekommen, helfen Portionsgrößen weiter.
Schauen wir uns dafür explizit die Kohlenhydrate an: Hochwertige Kohlenhydrate in Form von Stärke stecken vor allem in Getreideprodukten, Nudeln, Kartoffeln, Reis und Hülsenfrüchten. Obst liefert zusätzlich Fruchtzucker, Gemüse wichtige Ballaststoffe. Erwachsene sollten 2 Portionen Obst (200 g oder 2 Handvoll), 3 Portionen Gemüse (300 g oder 3 Handvoll) sowie 2-3 Portionen andere kohlenhydrathaltige Lebensmittel am Tag essen. Entsprechende Portionen sind dann:
- Brotmahlzeit zum Sattessen: 120-150 g, entspricht etwa 2-3 Scheiben Brot
- Brot als Beilage: etwa 50-60 g, entspricht etwa einem mittelgroßen Brötchen
- Nudeln (ungekocht) als Beilage: 50-70 g, dass ergibt etwa 150-200 g gekochte Nudeln
- Nudeln (ungekocht) als Hauptspeise 100 g für Kinder, 150 g für Erwachsen, das ergibt etwa 280-450 g
- Reis (ungekocht) als Beilage: 40-60 g, das entspricht etwa 120-180 g gekocht
- Reis (ungekocht) als Hauptgericht: 100 g für Kinder, 150 g für Erwachsene (300-450 g gekocht)
- Kartoffeln als Beilage: etwa 120-180 g – etwa 2 bis 3 hühnereigroße Kartoffeln
- Kartoffeln als Hauptgericht: etwa 250-300 g – etwa 4-5 hühnereigroße Kartoffeln
- Haferflocken: 50 g ergeben eine Portion z.B. für Porridge oder Over-Night-Oats
- Müsli: 45 g
- Cornflakes und gepuffte Cerealien: 30 g
- Hülsenfrüchte (trocken) 60-70 g, gegart 125 g
Portionsgrößen für weitere Lebensmittel, allerdings nur auf 1800 kcal (w) bzw 2300 kcal (m) gerechnet findet ihr auch bei der DGE.
Wie sieht ein vernünftiger Vorrat für 10 bis 14 Tage pro Person aus?
Ausgehend von den im Plan für die Notfallversorgung vorgegebenen Mengen von 3,5 kg Getreide, Getreideprodukte, Brot, Kartoffeln, Nudeln, Reis – bei 14 Tagen sind es etwa 5 kg – könnte der Einkaufswagen pro Person exemplarisch folgendermaßen aussehen:
- 1 kg Brot: ergibt etwa 6 Portionen
- 1 kg Mehl ( verarbeitet zu Brot): etwa 1,6 kg Brot, das sind weitere 10 Portionen
- 500 g Haferflocken oder Müsli: etwa 10 Portionen, alternativ 500 g Cornflakes oder Cerealien: 10 bis 15 Portionen
- 500 g Nudeln oder 500 g Reis: 5 Vollmahlzeiten oder 10 Beilagenportionen
- 2 kg Kartoffeln: etwa 8 Vollmahlzeiten oder 13 Beilagen
- 250 g Hülsenfrüchte (trocken): etwa 4 Portionen
Insgesamt ergeben sich aus diesem Einkaufswagen mindestens 43 bis maximal 60 Portionen kohlenhydrathaltiger Vollgerichte bzw. Beilagen. Das reicht bei drei Mahlzeiten am Tag für 14 bis 20 Tage.
Zurück zum Thema Hamsterkäufe und der Frage: Was macht man mit 120 kg Mehl?
Jener, der also 120 kg Mehl gekauft hat, kann davon etwa 192 kg Brot backen. Bei 200 g Brot am Tag – was einer Vollmahlzeit sowie einer Beilage entspricht – reicht dieser Vorrat dann für 960 Tage oder 2 Jahre und 7 Monate; bei drei Brotmahlzeiten am Tag immerhin noch für 425 Tage. Selbst eine vierköpfige Familie kann mit 120 kg Mehl ihre Vollverpflegung für etwa 190 Tage, also gut einem ½ Jahr gewährleisten.
Alle, die passende Rezepte für ihre Vorräte suchen, werden vielleicht hier fündig:
- Notfallkochbuch des BKK: www.bbk.bund.de
- Grundrezepte für Brotteige: https://www.mein-mehl.de/backen-kochen/brotzeit/
- Grundrezepte nach weiteren Teigarten: https://www.mein-mehl.de/backen-kochen/schnellkurs-backen/
- Grundrezepte für die Nudelteig: https://www.mein-mehl.de/backen-kochen/schnellkurs-kochen/
- Rezepte zu allen Teigarten: https://www.mein-mehl.de/backen-kochen/rezepte/
- Ideen für alles mit Hafer: https://www.alleskoerner.de/haferrezepte/auf-einen-blick
Wir hoffen, die oben genannten Beispiele helfen Euch dabei, das richtige Maß einzuschätzen. Es wäre schade, wenn die wertvollen Lebensmittel irgendwann im Müll landen, denn sie sind #zugutfürdietonne.
Also: Erst überlegen und planen und dann kaufen!
Wir wünschen Euch, dass Ihr alle unbeschadet durch die Corona-Krise kommt. Passt auf Euch auf und bleibt vor allem gesund!
Eure Anne & Henriette von Mein Mehl