Hafer

Weitere Getreidearten

Hafer – der Youngster unter den Getreiden

Hafer (Avena sativa) wird seit ca. 5.000 v. Chr. kultiviert, erste Funde stammen aus der Region nördlich des Schwarzen Meeres. Er ist damit ein geschichtlich „junges“ Korn und wurde zu Beginn seiner Karriere, ähnlich wie Roggen, als Unkraut auf Weizen- und Gerstenfeldern gehandelt und war deshalb nicht sehr beliebt. In den ersten Jahrhunderten wurde er vor allem als Beimischung zu den Getreiden Weizen und Gerste verwendet und erst später gezielt angebaut. Hafer war vor der Motorisierung in Deutschland nach Roggen die wichtigste Körnerfrucht, damals als wichtiges Futtermittel für die vielen Pferde. Durch den Wegfall der Pferde als Transportmittel Nummer 1 sank auch die Bedeutung des Hafers als Nahrungsmittel drastisch. Heute steigen die Anbaumengen langsam wieder an, da es ein zunehmendes Interesse an Haferprodukten gibt, sowohl als Kraftfutter für den populären Pferdesport als auch als Powerfood für den Menschen.

Widerstandsfähiger Rispenhänger

Haferkörner wachsen - im Gegensatz zu Weizen, Roggen und Gerste - an hängenden Rispen und sind somit von den anderen typischen Ährengräsern einfach zu unterscheiden. Hafer ist bei den Anbaubedingungen relativ anspruchslos, er verträgt karge Böden, benötigt aber ausreichend Feuchtigkeit. Zudem ist er weniger anfällig für viele typische Getreidekrankheiten.

Nährstoff-Booster

Er zeichnet sich durch den höchsten Fettgehalt (7,1 Gramm pro100 Gramm) aller Getreidearten aus. Mit etwa 13 Gramm Eiweiß ist er zudem eine gute Proteinquelle. Im Bereich der Mikronährstoffe ist er reich an Eisen, Vitamin B1, B6 und Biotin sowie Vitamin K. Zudem ist er eine gute Ballaststoffquelle. Besonders interessant macht ihn der hohe Gehalt an den Beta-Glucanen. Ab einer bestimmten Menge helfen sie den normalen Cholesterinspiegel aufrecht zu erhalten und wirken Blutzucker regulierend. Generell ist eine ballaststoffreiche Ernährung gesundheitsfördernd und Hafer liefert, ebenso wie die anderen Getreide, hierzu einen wichtigen Beitrag.

„Dich hat wohl der Hafer gestochen!“

Hafer wird fast ausschließlich als Sommerhafer kultiviert. Typischerweise ist er bespelzt. Es gibt mittlerweile jedoch auch einige Nackthafersorten, die vom Ertrag aber unter dem Ertrag des Spelzhafers liegen und für die Verarbeitung vorwiegend zu Keimen und Sprossen angebaut werden.

Da Pferde gelegentlich ungedroschenen Hafer zu fressen bekamen, hatten die Tiere immer wieder Schmerzen beim „äppeln“. Die Spelzen, die als unverdaulicher Ballaststoff wieder ausgeschieden wurden, pieksten im Gedärm. Das plagte die Pferde manchmal so sehr, dass sie unruhig wurden oder wie kopflos über die Koppeln jagten. Hierher rührt das Bild eines unruhigen Menschen, der mit seiner Rastlosigkeit ansteckend auf andere wirken kann.

Weit mehr als nur dicke Hafergrütze

Für die menschliche Ernährung wird bespelzter Saathafer verwendet. Nach dem Entspelzen in einer Schälmaschine wird das Korn entweder erst zu Grütze zerkleinert oder gleich vom ganzen Korn zu Flocken verarbeitet. Aus der Grütze entstehen die feinen, aus dem ganzen Korn die kernigen Haferflocken. Beide Flocken sind übrigens Vollkornprodukte, da ihnen lediglich die nicht verzehrbaren Teile entfernt wurden und der Keimling und die Schale erhalten bleiben. Aufgrund seines geringen Glutengehalts verfügt Hafer alleine über keine guten Backeigenschaften. Er kann jedoch Teigen aus Dinkel, Weizen oder Roggen gut beigemischt werden, was ihnen eine nussige Geschmackskomponente verleiht.

Hafer ist Hauptbestandteil vieler Müslis, er kann aber auch als süßer oder salziger Brei, zum Beispiel zum Frühstück oder als Zwischenmahlzeit verzehrt werden. Berühmt sind Haferflocken als Bestandteil des Birchermüslis.

Hafer und Zöliakie

Ist Hafer bei Zöliakie geeignet? Diese Frage wird immer wieder gestellt und lässt sich bis dato nicht abschließend eindeutig beantworten: Hafer enthält vergleichsweise geringe Mengen Gluten und hier auch nur das Glutenin und nicht das Gliadin, das für viele Betroffene unverträglicher ist. Trotzdem ist für Menschen mit Zöliakie Vorsicht geboten. Zum einen reagiert jeder Betroffene anders auf die Glutenmenge, zum anderen kann Hafer, der nicht als „rein“ bzw. „glutenfrei“ gekennzeichnet ist, Spuren glutenreicher Getreidearten enthalten, die bei der Ernte oder Verarbeitung eingetragen werden können. Die Deutsche Zöliakiegesellschaft geht davon aus, dass bis zu 50 Gramm reiner Hafer für Zöliakiepatienten verträglich sind, empfiehlt aber auch, Hafer erstmalig nur unter ärztlicher Aufsicht einzunehmen. In einschlägigen Blogs und Anwenderbewertungen ergibt sich ein sehr heterogenes Bild: Die einen schwärmen von Hafer und haben keinerlei Probleme, anderen reichen schon kleinste Mengen und die zöliakietypischen Beschwerden stellen sich ein. Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte daher die individuelle Verträglichkeit unter medizinischer Begleitung testen.

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