MüllerInnen von heute

Woran denkt Ihr, wenn Ihr die Worte Mühle oder Müller hört? Eine idyllische, klappernde Mühle am rauschenden Bach? An einen typisch deutschen Nachnamen, einen Fußball- oder Schauspieler, eine Schriftstellerin oder an einen Märchenmüller, weiß gekleidet mit Zipfelmütze, Esel und gestiefeltem Kater? Hatte früher jedes Dorf mindestens einen Müller, so ist er heute weniger sichtbar. Daher verwundert es kaum, dass der Beruf heute in den Köpfen – nicht nur der jungen Leute – nicht mehr präsent ist. Oder eben andere Müller das Bild besetzt haben. Aber reden wir von der Gegenwart des Homo molendi – des mahlenden Menschens. Mühlen von heute sind hochmoderne Unternehmen, voll faszinierender Technik. Wie sieht dazu der Müllerberuf aus und wie wird man eigentlich Müllerin oder Müller? Mit diesem Beitrag möchten wir Euch mit in die Mühlen zu den Müllerinnen und Müllern von heute nehmen!

Eine kleine Geschichte der Müllerei

Das Berufsbild des Müllers gibt es schon lang – wie lange schon gemahlen wird, zeigt übrigens aktuell ein Sensationsfund aus Jordanien. ForscherInnen fanden das älteste Brot der Welt, wie sie in der Fachzeitschrift PNAS berichteten. Es ist über 14.000 Jahre alt. Dazu schreiben sie: "Sowohl die Getreide- als auch die Nicht-Getreide-Komponenten scheinen gründlich gemahlen, gesiebt und ausgelesen worden zu sein". Aber das nur am Rande.

Wind-, Wasser- und Schiffsmühlen haben seit dem Mittelalter bis weit ins 20. Jahrhundert hinein Landschaften und Flussufer in Deutschland geprägt. Bereits zur Römerzeit gab es die ersten mit Wasser angetriebenen Mühlen. Ursprünglich wurden die Getreidekörner in einem Mörser bzw. mit Hilfe von Reibsteinen zerkleinert. Die ältesten Funde von Reibsteinen können auf das 5. bis 4. Jahrtausend vor Christus datiert werden. Später haben Pferde die Mahlsteine angetrieben, so dass größere Getreidemengen vermahlen werden konnten. Den Beruf des Müllers, der gleichzeitig auch Bäcker war, kann die Wissenschaft erstmals im 2. Jahrhundert vor Christus in Rom nachweisen. Auch in der antiken Ruinenstadt Pompeji findet man eine römische Bäckerei mit Kornmühle und Backofen. Ab dem 6. Jahrhundert nach Christus wurden größere Mühlsteine mit Wasser- oder Windkraft betrieben, ab dem 19. Jahrhundert mit einer Dampfmaschine. Die Mahltechnik mit Hilfe von Mühlsteinen verbesserte sich jedoch zunächst kaum. Erst im Zuge der Industrialisierung wurden die Maschinen für die verschiedenen Verarbeitungsstufen in der Getreidemühle entwickelt: Im Walzenstuhl werden bis heute die Körner zerkleinert, anschließend werden die unterschiedlich großen Mehlteilchen im Plansichter voneinander getrennt. Die Müllerei gehört damit zu den ältesten Kulturtechniken des Menschen.

Die Müllerei heute

Während sich das grundlegende Prinzip der Vermahlung, das Zerkleinern und Trennen, nicht verändert hat, haben sich die Mühlenbetriebe zu hochmodernen Lebensmittelunternehmen entwickelt. Die technischen Neuentwicklung in der Müllerei konzentrieren sich auf Qualität und Sicherheit der Produkte sowie auf Prozessoptimierung und Effizienzsteigerung. Heute versorgt die Durchschnittsmühle täglich 400.000 Menschen mit Mahlerzeugnissen. Die circa 550 Mühlenunternehmen in Deutschland produzieren pro Jahr 7,2 Millionen Tonnen Mahlerzeugnisse aus Weizen, Hartweizen und Roggen sowie 1,4 Millionen Tonnen Mühlennachprodukte für die Futtermittelwirtschaft.

In den Mühlen arbeiten Menschen mit ganz unterschiedlichen Qualifikationen und Berufen. In der Produktion sind VerfahrenstechnologInnen und MüllereitechnikerInnen tätig. Interesse an Technik, Computern, Physik und am Umgang mit Naturprodukten ist gefragt: Mühlenbetriebe verfügen über moderne, computergesteuerte Produktionsanlagen, die durch eine komplexe IT-Software eingestellt, gesteuert und kontrolliert werden. Den Umgang mit diesem System erlernt man in der Ausbildung VerfahrenstechnologIn Mühlen- und Getreidewirtschaft, wie der Beruf des Müllers heute genannt wird. Mit dem technischen Fortschritt, sind auch die Ansprüche im Beruf gewachsen. Über 300 Brotsorten und 1.200 Sorten Klein- und Feingebäck, Suppen, Pizza, Pasta, Soßen, Burger und Schokoriegel werden aus Mehl und Mahlerzeugnissen hergestellt. Die VerfahrenstechnologInnen stellen mit ihrem müllerischen Wissen die Mehlqualitäten für ganz viele unterschiedliche Endprodukte zusammen.

Der Weg in die Mühle

Der klassische Weg in die Mühlenwirtschaft ist die dreijährige duale Ausbildung. VerfahrenstechnologInnen Mühlen- und Getreidewirtschaft haben dabei glänzende berufliche Aussichten: In kaum einem anderen Beruf sind die Übernahmechancen nach der Ausbildung so hoch wie in der Mühlenwirtschaft. Der Spaß im Umgang mit einem Naturprodukt, gutes Organisationsvermögen, kaufmännisches Geschick, handwerkliches Talent sowie Interesse an Technik sind wichtige Voraussetzungen für diesen Beruf. Der praktische Teil der Ausbildung wird in dem Mühlenbetrieb, der theoretische Teil in einer darauf spezialisierten Berufsschule absolviert. Deutschlandweit gibt es nur zwei solcher Müllerschulen: In Stuttgart und in Wittingen bei Wolfsburg. Künftige MüllerInnen lernen sich in der Ausbildung untereinander also schnell kennen und das fast bundesweit! Die Auszubildenden erlernen Technologien für die Getreideverarbeitung, die Arbeit im Labor, Verfahren der Qualitäts- und Hygieneprüfung, der Produktsicherheit sowie Grundzüge in Betriebswirtschaft und Recht. Da VerfahrenstechnologInnen sehr gefragt sind, sind die Übernahmechancen nach dem Abschluss hervorragend. Eine gute Bezahlung und eine betriebliche Altersvorsorge durch die Müllereipensionskasse runden die guten Arbeitsbedingungen ab.

Der Weg ins Ausland oder: Was macht ein junger Müller in Brasilien?

Viele junge Menschen zieht es heute nach der Schule, während oder nach Ausbildung oder Studium ins Ausland. Dass der Müllerberuf hier keine Ausnahme macht, zeigt das Beispiel von Paul: Als Auszubildender an der Müllerschule in Stuttgart nutzte er über ein Austauschprogramm die Möglichkeit, für drei Monate nach Brasilien zu gehen, Erfahrungen in einem Universitäts-Projekt zur Weizenqualität zu sammeln und dabei Land und Leute kennenzulernen. Diese Chance hat sich Paul natürlich nicht entgehen lassen! Wie der Austausch zustande kam, welche Erfahrungen an der Universität und im Mehllabor, sowie auf den Reisen durchs Land Paul gesammelt hat, könnt Ihr hier nachlesen.

Nachwuchsmüllerinnen und -müller im Wettbewerb

Die besten NachwuchsmüllerInnen treten zum Abschluss ihrer Ausbildungszeit beim traditionellen praktischen Leistungswettbewerb MühlenMasters gegeneinander an. Die KandidatInnen haben ihre Ausbildung mindestens mit der Note „gut“ beendet und sich so für diesen Wettkampf qualifiziert. Jedes Jahr veranstaltet der Verband Deutscher Mühlen zusammen mit den auf die Aus- und Weiterbildung spezialisierten Müllereischulen diesen Wettbewerb in einer anderen Mühle. Dabei werden den GesellInnen unterschiedliche Aufgaben gestellt, bei denen sie ihre Kompetenzen als VerfahrenstechnologInnen unter Beweis stellen können. An mehreren Stationen bewertet die Jury die Auszubildenden beispielsweise beim Einstellen des Walzenstuhls oder bei diversen Laboruntersuchungen an Getreide und Mahlerzeugnissen. Die Einladung zum MühlenMasters ist eine in der gesamten Branche hoch angesehene Auszeichnung.

Neues Berufs-Informations-Portal

Ihr seid neugierig auf den Beruf geworden und möchtet Euch weiter informieren? Oder Ihr kennt einen jungen Menschen, für den die Ausbildung zur VerfahrenstechnologIn Mühlen- und Getreidewirtschaft genau das richtige wäre? Dann empfehlen wir Euch die Informations-Website mueller-in.de. Unter dem Motto Keine Ausbildung wie jede andere! gibt es hier alle wichtigen Informationen rund um Ausbildung und Beruf: Einblicke in den Arbeitsalltag, Voraussetzungen, Vergütung, Aufstiegs- und Übernahmechancen, sowie Möglichkeiten für Quereinsteiger. Zudem gibt es praktische Tipps für die Bewerbung und eine Suchfunktion, mit der der nächste Ausbildungsbetrieb schnell gefunden kann.

Wir hoffen, wir konnten Euch einen kleinen Einblick in die Müllerei und den Müllerberuf von heute geben! Falls Ihr neugierig geworden seid und noch mehr erfahren möchtet, empfehlen wir folgende Websites zum Weiterlesen:

https://www.mueller-in.de/

http://www.muehlen.org/branche/muehlen-in-deutschland/

http://www.muehlen.org/beruf/mitarbeiter/

Anne und Henriette von Mein Mehl